Tinnum. Es ist ein bürokratischer Vorgang mit dem sperrigen Titel „Entwidmung“, doch dahinter verbirgt sich ein jahrelanges Tauziehen um Einnahmen, Zuständigkeiten und eine Straße, die für Fußgänger ein Spießrutenlauf ist. Die Politik berät aktuell darüber, die Flughafenstraße (den Abzweig zum Tower) und den davorliegenden Parkplatz aus der öffentlichen Hand zu geben.
Das Ende einer finanziellen „Schieflage“ Im Kern geht es um Geld und Gerechtigkeit zwischen den Insitutionen. Die Geschichte reicht zurück bis ins Jahr 2008. Damals investierte der Zweckverband Inselgemeinschaft Flugplatz Sylt (ZIF) rund 300.000 Euro in den Bau der Parkflächen am neuen Tower. Der Plan: Die Parkgebühren sollten die Baukosten refinanzieren.
Doch 2010 wurde die Fläche offiziell als „öffentlich“ gewidmet. Die Folge: Die Gemeinde Sylt übernahm die Verkehrssicherung, stellte Parkscheinautomaten auf – und kassierte fortan die Gebühren allein. Die Refinanzierung für den Zweckverband stoppte. Besonders kurios: Bei jährlichen Einnahmen von rund 3.000 Euro (Stand 2018) hätte es ohnehin fast 100 Jahre gedauert, bis die Baukosten wieder eingespielt gewesen wären. Nachdem die Gemeinde 2020 noch einmal ca. 90.000 Euro in die Sanierung steckte, soll dieser Zustand nun beendet werden.
Der Plan: Die Straße und der Parkplatz (Gemarkung Tinnum, Flur 2, diverse Flurstücke) werden „entwidmet“. Damit verlieren sie ihren Status als öffentliche Straße. Die Hoheit geht zurück an den Zweckverband und die Sylter Flughafen GmbH (SFG), die den Parkplatz künftig selbst bewirtschaften soll.
Kritik: Eine Straße nur für Autos? Während auf dem Papier Zahlen hin- und hergeschoben werden, sehen Kritiker ein ganz anderes Problem auf dem Asphalt, das durch die Privatisierung nicht gelöst wird: Die Sicherheit der schwächsten Verkehrsteilnehmer.
Die Flughafenstraße – speziell der Abschnitt von der Einmündung „Zum Fliegerhorst“ bis zum Tower – gilt als No-Go-Area für Fußgänger. Wer hier zu Fuß unterwegs ist, sei es zum Tower, zu den dortigen Firmen oder als Crew-Mitglied zum General Aviation Terminal, muss sich die Fahrbahn mit Autos, Taxen und Lieferverkehr teilen.
Es gibt keinen Gehweg, keinen Seitenstreifen und keine beleuchtete Zuwegung für Fußgänger. Kritische Stimmen bemängeln seit Langem, dass hier jegliche Infrastruktur für Menschen ohne Auto fehlt. Mit der geplanten Entwidmung wird die Fläche nun wieder zu einem reinen Betriebsgelände. Die Hoffnung, dass die Gemeinde hier im Rahmen der öffentlichen Daseinsvorsorge irgendwann einen sicheren Fußweg anlegt, dürfte damit endgültig vom Tisch sein. Die Verkehrssicherungspflicht liegt künftig allein bei der Flughafengesellschaft.
Ob diese nach der Übernahme nicht nur Parkgebühren kassiert, sondern auch in die Sicherheit für Fußgänger investiert, bleibt abzuwarten.